Filament richtig lagern & trocknen – Stringing & Blasen vermeiden
Feuchtigkeit ist der unsichtbare Saboteur im FDM. Sie macht Filament spröde, lässt es im Hotend ausgasen (💥 Bläschen), erzeugt Stringing, matte, raue Oberflächen und schwache Layer. Mit gutem Lager-Setup und kurzen Trocken-Routinen hast du das dauerhaft im Griff – ohne Voodoo.
Warum Feuchte Druckqualität killt
Viele Kunststoffe sind hygroskopisch – sie ziehen Wasser aus der Luft. Im Hotend verdampft das Wasser und reißt Material mit: hörbares Knistern, „Popcorn“, Mikroporen, fehlende Glätte und instabile Layerhaftung. Empfindlich sind v. a. Nylon, PETG, TPU, moderat PLA, und ABS/ASA etwas weniger – aber nicht immun. Zielwerte: Lagern bei ≤ 20–30 % rF (relative Feuchte) und kurz vor dem Druck trocknen, wenn die Spule länger offen stand.
Praxis-Setup & Startwerte (Trocknen & Lagerung)
Material | Trocknen (°C / Dauer) | Hinweise | Lagern (Ziel rF) |
---|---|---|---|
PLA | 45–55 °C / 4–6 h | Schonend; Spule nicht über 55 °C, sonst Wicklung verzieht sich. | ≤ 30 % |
PETG | 60–65 °C / 6–8 h | Stringing nimmt stark ab; Z-Offset leicht erhöhen (PETG haftet „klebrig“). | ≤ 25–30 % |
ASA/ABS | 70–80 °C / 4–6 h | Gehäusefreundlich; nach dem Trocknen luftdicht lagern. | ≤ 30 % |
TPU/TPE | 45–55 °C / 6–8 h | Langsam trocknen; zu heiß = weich/verformt. | ≤ 30 % |
Nylon (PA) | 70–80 °C / 8–12 h | Sehr hygroskopisch; direkt aus Trockenbox drucken, wenn möglich. | ≤ 20 % |
PVA/BVOH (Stütz) | 45–55 °C / 8–12 h | Extrem feuchteempfindlich; nur in Box lagern und drucken. | ≤ 20 % |
Temperaturen beziehen sich auf Umluft-Trockner/Filamenttrockner. Immer Herstellerhinweise beachten und Kunststoffspulen vor Verzug schützen.
10-Minuten-Workflow: von „meh“ zu „crispy clean“
- Spule checken (1 min): Sichttest auf matte Wicklungen, „furry“ Druckbild, Knistern an der Düse. Wenn ja → trocknen.
- Kurztrocknung starten (1 min Setup): Spule in Trockner/Ofen mit Thermometer. Wähle Material-Startwert (Tabelle). Für „ich muss jetzt drucken“: 60 min Quick-Dry (angepasst an Material), danach sofort in Box.
- Drucker vorbereiten (3 min): Bett entfetten (Reinigung), passendes Haftmittel wählen (Haftmittel), erste Schicht konservativ fahren (langsam, Lüfter 0 %).
- Direkt aus der Box drucken (1 min): Idealerweise Spule in einer geschlossenen Trockenbox mit Bowden-Durchführung verwenden.
- Stringing-Test (3 min): Kleinen Türme-Test drucken. Wird’s besser? Falls ja: Temperatur −5 °C, Retract in 0,2-mm-Schritten feinjustieren.
- Labeln & loggen (1 min): Datum, Trockner-Temp/Zeit notieren. Spulen danach luftdicht verpacken (Zip-Beutel + Trockenmittel).
Pro-Tipps & Feinjustage
- Trockenmittel richtig nutzen: Silicagel mit Farbindikator (Regeneration bei 120–140 °C) in Box/Beutel. Für Nylon: Molekularsiebe (3 Å) sind effektiver.
- Box statt Ofen: Häufiges Kurz-Trocknen + drucken aus der Box schlägt harte Ofen-Sessions. Weniger Risiko für Spulenverzug.
- Feuchtemessung smart: Hygrometer in der Box (Ziel ≤ 20–30 % rF). Für Nerds: Spulenmasse vor/nach Trocknung wiegen – der Unterschied zeigt Feuchtegehalt.
- Stringing nach Trocknung? Dann ist’s nicht Feuchte: Düse zu heiß, falscher Retract, Combing/Travel prüfen. Siehe Troubleshooting unten.
- Erste Schicht zuerst: Gute Haftung = kürzere Druckzeit. Checke Haftmittel & Reinigung.
- Materialprofile trennen: „Trockene“ vs. „offen gelagerte“ Spule hat andere Retracts/Temps. Speichere zwei Profile.
Troubleshooting kompakt
Symptom | Wahrscheinliche Ursache | Schneller Fix |
---|---|---|
Stringing trotz niedriger Temp | Filament feucht; Retract zu kurz/langsam; Combing kreuzt Außenwände | Spule 4–6 h trocknen; Retract +0,2–0,4 mm & 25–35 mm/s; „Avoid crossing perimeters“ aktivieren |
Knistern/Blasen an der Düse | Wasser verdampft im Hotend | Längere Trocknung (Materialtabelle); direkt aus Box drucken; Temp −5 °C prüfen |
Matte, raue Außenwände | Feuchte; zu kalt; zu viel Lüfter | Trocknen; Düse +5 °C testen; Lüfter reduzieren (PLA 30–60 %, PETG/ASA 0–20 %) |
Wicklung deformiert nach Trocknung | Zu heiß getrocknet; Lufttrockner ohne Kontrolle | Temperatur senken (Thermometer!), Spule auf Distanzhaltern trocknen |
Spule zieht wieder Feuchte | Undichte Box/zu wenig Trockenmittel | Dichtungen prüfen; mehr Silicagel/Molekularsieb; Indikatorfarbe im Blick |
Wartung & Best Practices
Richte dir eine simple „Dry-&-Print“-Station ein: Trockenbox mit Durchführung, Hygrometer, Indikator-Silicagel. Spulen nach dem Druck sofort zurück in den Beutel/Box. Trockenmittel regelmäßig regenerieren, Box wöchentlich auf Dichtheit checken. Notiere auf jeder Spule das letzte Trockendatum und die getesteten Druck-Settings. Für heikle Materialien (Nylon, Stützfilamente) am besten durchgehend aus der Box drucken.