Die richtige Drucktemperatur finden: Schritt-für-Schritt zu besseren FFF-Drucken
Zu heiß: Stringing & matschige Kanten. Zu kalt: schlechte Layerhaftung & spröde Teile. Hier lernst du, wie du in Minuten zur passenden Temperatur kommst – mit Startwerten, Temp-Tower, schnellen Tests und klaren Fixes für typische Probleme. Geeignet für PLA, PETG, ASA und TPU.
1) Grundlagen – wovon die optimale Temperatur abhängt
Die „richtige“ Drucktemperatur ist kein Fixwert, sondern hängt ab von Filament-Type/Charge, Düsendurchmesser, Hotend-Konstruktion, Druckgeschwindigkeit, Layerhöhe, Bauteilkühlung, Umgebung (Enclosure) und auch vom Düsenmaterial. Messing-Düsen leiten Hitze gut; gehärteter Stahl/Ruby brauchen oft +5–10 °C, um denselben Schmelzfluss zu erreichen. Größere Düsen (0,6/0,8 mm) benötigen mehr Temperatur, sehr kleine (0,25/0,3 mm) weniger Flow und reagieren empfindlicher auf Überhitzung.
2) Praxis-Startwerte je Material
Material | Nozzle | Bett | Lüfter | Notizen |
---|---|---|---|---|
PLA | 195–215 °C | 50–60 °C | 80–100 % | Einfach; gut für Kalibrierung. Bei zu heiß → Fäden & Glanz. |
PETG | 230–245 °C | 70–85 °C | 30–60 % | Zäh, neigt zu Stringing; eher kühl & langsamer drucken. |
ASA | 245–260 °C | 90–110 °C | 0–20 % | UV-stabil; Enclosure empfohlen. Wenig Lüfter für Layerhaftung. |
TPU | 215–235 °C | 40–60 °C | 0–40 % | Langsam (20–35 mm/s), kleine/slow Retraction, trocken lagern. |
Werte sind Startbereiche. Je nach Düse (0,25–0,8 mm) & Hotend können Abweichungen auftreten. Mit Kalibrier-STLs findest du schnell den Sweet Spot.
3) Workflow – in 10 Schritten zur Optimaltemperatur
- Filament checken: Spule trocken lagern; bei Verdacht 4–6 h (PLA 45–50 °C, PETG 60–65 °C, TPU 45–55 °C) trocknen.
- Düse & Bett sauber: Nozzle reinigen (z. B. Cold-Pull/Reinigungsfilament), Platte fettfrei (Reinigung), passende Oberfläche wählen, ggf. Haftmittel.
- Baseline laden: Materialprofil (Slicer-Profile) und konservative Geschwindigkeit (z. B. 40–60 mm/s, First-Layer 15–25 mm/s).
- Temp-Tower drucken: Nutze einen Turm aus /kalibrierer mit Stufen von 5 °C. Beobachte Layerhaftung, Bridging, Stringing, Oberflächenglanz.
- Sweet-Spot wählen: Bereich mit sauberen Linien, guter Layerhaftung und minimalem Stringing. Notiere den Wert (z. B. 210 °C für PLA).
- Feintuning ±5 °C: Drucke ein kleines Referenzteil (20–30 min) in −5/0/+5 °C. Beurteile Kanten, Überhänge, Maßhaltigkeit, Haptik.
- Geschwindigkeit angleichen: Erhöhe/senke Speed in 10 mm/s-Schritten. Höhere Speed braucht meist +5 °C, langsamer oft −5 °C.
- Lüfter abstimmen: PLA mag viel Luft, PETG/ASA weniger. Passe in 10–20 %-Schritten an und beobachte Layerbindung.
- Nozzle-/Material-Spezifika: Gehärtete/Ruby-Düse? +5–10 °C. 0,6/0,8-Nozzle? +5–15 °C. 0,25/0,3-Nozzle? oft −5 °C vs. 0,4.
- Profil speichern: Namen mit Material-Brand, Farbe, Düse, Datum. Notiere Bestwerte auf der Spule.
4) Pro-Tipps & Feinjustage
- First-Layer ist König: Haftung vorher fixen (Platte, Haftmittel, Z-Offset). Sonst missinterpretierst du Temperaturfehler.
- Wandstrategie: Plane Wände auf volle Perimeter (z. B. 1,2 mm = 3×0,4). Dünne Wände wirken wie Unterextrusion.
- Glanz ist trügerisch: Sehr glänzende Oberflächen bei PLA/PETG deuten oft auf zu heiß hin.
- Brücken & Überhänge: Für Bridging −5 °C & mehr Lüfter probieren; ASA nur moderat kühlen.
- Düsenwahl: Feindetails? 0,25–0,3-Düse aus Nozzle/Düse. Abrasive Füllstoffe → gehärtete/Ruby-Düse (Temperatur +).
- Enclosure-Effekt: Geschlossene Kammer (ASA) stabilisiert Layerhaftung; manchmal −5 °C möglich.
5) Troubleshooting – Symptome, Ursache, schneller Fix
Symptom | Wahrscheinliche Ursache | Fix (kurz & effektiv) |
---|---|---|
Stringing (Fäden) | Zu heiß, feuchtes Material, Retraction zu wenig/zu langsam | −5–10 °C; Spule trocknen; Retraction +0,5–1 mm & +5–10 mm/s; Travel optimieren |
Schlechte Layerhaftung | Zu kalt, zu viel Lüfter, Zugluft | +5–10 °C; Lüfter −20 % (ASA fast aus); Enclosure/Abschirmung |
Matschige Ecken/Elefantenfuß | Zu heiß im First-Layer, Bett zu heiß | Nozzle −5 °C im ersten Layer; Bett −5–10 °C; Lüfter früher an |
Matte, raue Oberfläche (PLA/PETG) | Zu kalt oder feucht, Unterextrusion | +5 °C; Spule trocknen; Fluss +2–4 % testen; Nozzle reinigen |
Blasen/Knacken an der Düse | Feuchtes Filament, viel zu heiß | Spule trocknen; −5–10 °C; langsamer drucken |
Bohrungen zu klein | Zu heiß (Aufquellen), Slicer-Kompensation fehlt | −5 °C; „Horizontale Erweiterung/Löcher“ kompensieren; CAD +0,2–0,4 mm |
6) Wartung & Best Practices
Saubere Hardware = saubere Temperaturergebnisse. Reinige das Druckbett regelmäßig (Reinigung) und wähle die passende Druckbett-Oberfläche. Nutze Haftmittel, wenn nötig, aber sparsam. Checke die Düse auf Verschleiß/Build-Up und tausche sie bei Bedarf – Auswahl unter Nozzle/Düse. Halte Profile mit Kalibrier-STLs aktuell und sichere deine Einstellungen in Slicer-Profilen. Filamente trocken lagern – besonders PETG und TPU.
7) CTAs – direkt besser drucken
8) FAQ
Wie groß sollen Temperatur-Schritte sein?
Arbeite mit ±5 °C. Größere Sprünge überspringen den Sweet-Spot, kleinere dauern zu lange.
Muss ich für jede Farbe neu kalibrieren?
Kurzer Check lohnt sich: Pigmente/Glitzer/Carbon ändern den Flow. Meist ±5 °C Unterschied.
Welche Rolle spielt die Düse?
Messing heizt effizient; gehärtet/Ruby braucht oft +5–10 °C. Kleine Düsen sind empfindlicher, große brauchen mehr Wärme.
Mein Temp-Tower zeigt gemischte Ergebnisse – was jetzt?
Nimm den Bereich mit bester Layerhaftung & wenig Stringing und verifiziere mit einem kleinen Realteil in −5/0/+5 °C.
Warum macht mein Drucker bei gleichem Filament andere Temperaturen nötig?
Hotend-Design, Thermistor-Kalibrierung, Lüfterführung & Bauteil-Kühlung variieren. Kalibriere immer am eigenen Setup.
Veröffentlicht: 20.04.2023 | Kategorie: 3D-Druck Wissen | Tags: Temperatur, Kalibrierung, PLA, PETG, ASA, TPU